Die Frage, ob Zahnärzte Botox verabreichen dürfen, ist vorerst beantwortet. Ausgangspunkt war ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Münster (Az: 7 K 338/09). Das Gericht erklärte, die Grenze der zahnärztlichen Berufsausübung sei das Lippenrot. Eine Behandlung der Gesichtsoberfläche, auch etwa der Nasolabialfalten gehöre hierzu nicht.

Es folgte eine Abmahnwelle, die eine Vielzahl von Zahnärzten bundesweit traf. Grundlage hierfür war das nicht rechtskräftige Urteil des VG Münster. Zuletzt sprach auf dieser Basis auch die Wettbewerbszentrale Abmahnungen aus, auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, die endgültige gerichtliche Klärung abzuwarten.

Seit kurzem liegt nun die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 18.04.2013, Aktenzeichen 13 A 1210/11) vor.

Der Fall:

Die Berufsausübung von Zahnärzten hat in hohem Maße etwas mit Ästhetik zu tun. Deshalb kamen immer mehr Behandler auf die Idee, dass nicht nur die Behandlung im Mundraum, sondern auch im Gesicht und im Halsbereich mit Botulinumtoxin, Hyaluronsäure o.ä. angeboten und beworben wurde. In allen Gerichtsentscheidungen zum Thema ging es um die Frage, ob § 1 Abs. 3 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) den Zahnärzten diese Tätigkeit erlaubt. Besondere Brisanz bekommt diese Frage, weil nicht nur Humanmediziner, sondern vor allem Heilpraktiker diese Behandlungsformen ausführen dürfen und dies als maßgebliche Ungleichbehandlung empfunden wurde.

Die Entscheidung:

Soweit das Gericht nach teilweiser Klagerücknahme noch in der Sache zu entscheiden hatte, erklärte das OVG NRW, dass die kosmetische Behandlung der Hautoberfläche mit Botox etc. „final auf einen Eingriff außerhalb des räumlich abgrenzbaren Bereichs der Zähne, des Mundes und des Kiefers gerichtet sind“. Dies ist keine Ausübung der Zahnheilkunde und somit nach dem ZHG nicht von der Approbation des Zahnarztes umfasst.

Weiter erklärte das Gericht, dass bei bestimmten chirurgischen Behandlungen eines Zahnarztes im Bereich der Zähne, des Mundes oder des Kiefers ein notwendiger begleitender Übergriff auf die Gesichtshaut ausnahmsweise zulässig sein mag. Hier gehe es aber in der Hauptzielrichtung um die Behandlung der Haut, so dass diese Ausnahme nicht greift.

Auch die weiteren Argumente der Zahnärztin, etwa der Rückschluss aus dem Bestehen von Abrechnungsziffern in der BEMA-Z und GOZ entkräftet das OVG. Die Vergütungsregelungen seien nicht geeignet, die aus der zahnärztlichen Approbation folgenden Befugnisse abzuändern.

Praxistipp:

Auch wenn es absurd scheint, von Zahnärzten eine Heilpraktikererlaubnis für Faltenunterspritzungen und Botox-Behandlungen zu verlangen, wird im Lichte dieser Entscheidung dringend geraten, diese Tätigkeiten zu unterlassen, da weitere Abmahnungen drohen.

Ob ein Zahnarzt durch sein Studium maßgebliche Kenntnisse erlangt hat, die zur Erteilung der Heilpraktikererlaubnis ohne Kurs und Prüfung reichen, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Dies wird sich herausstellen. Zahnärzte, die diese Leistungen weiter anbieten wollen, sollten sich jedoch umgehend um eine solche Erlaubnis bemühen.

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang weiter sein, dass „Botox“ nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (AMVV) verschreibungspflichtig ist und somit vor dem Angebot solcher Leistungen auch arzneimittelrechtlich der sicherste Weg geprüft werden sollte.

Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob bei einer Reform des Zahnheilkundegesetzes diese Restriktionen fallen.

 

Jan Willkomm
Fachanwalt für Medizinrecht
Leipzig