Ästhetik und die Tendenz, für die eigene Schönheit gezielte Maßnahmen zu ergreifen, machen auch vor der Zahnmedizin nicht halt. Häufig höre ich die Frage, darf ein Zahnarzt Unterspritzungen mit Hyaluronsäure oder Botox-Injektionen vornehmen?

Schon bisher hieß die Antwort: Es kommt auf den Einzelfall an.

Jetzt liegt eine neue Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster (Az: 7 K 338/09) vor, die dies noch restriktiver als andere Gerichte handhabt.

Hintergrund:

Ob diese Behandlungen von einem Zahnarzt vorgenommen werden dürfen, hängt davon ab, ob es sich dabei um die Ausübung der Heilkunde handelt. Wird dies bejaht, ist zu klären, ob diese Heilbehandlung in den Bereich der Zahnheilkunde fällt und somit von einem Zahnarzt zulässigerweise erbracht werden darf.

Der Begriff der Heilkunde ist im Heilpraktikergesetz (§ 1 Abs. 2) definiert als berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Handelt es sich bei der Faltenunterspritzung um eine Heilbehandlung, ist diese nur durch Ärzte oder Heilpraktiker durchführbar.

Da für die Unterspritzung von Falten anatomische Kenntnisse erforderlich sind und der sichere Umgang mit Spritzen eine weitere Bedingung darstellt, ist diese Behandlung einer Heilbehandlung gleich zu setzen. Diese Subsumtion unter die Heilbehandlung führt dazu, dass nach dem Heilpraktikergesetz Faltenunterspritzungen nur von Ärzten oder Heilpraktikern durchgeführt werden dürfen.

Diese Rechtsauffassung wurde bereits 2006 durch das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt. Das Gericht erklärte, dass es sich bei der Faltenbehandlung mittels Faltenunterspritzung durch Hyaluron­säure oder auch Botox um Ausübung der Heilkunde nach § 1 des Heil­praktikergesetzes handelt (OVG Münster, Beschluss vom 28.04.2006, Aktenzeichen: 13 A 2495/03). Mit dieser Entscheidung untersagte das Gericht einer Kosmetikerin, Falten im Gesichtsbereich zu unterspritzen.

Auch der Zahnarzt führt heilkundliche Behandlungen aus. Allerdings besteht hier eine Einschränkung auf den Bereich der Zahnheilkunde.

Die Definition der Tätigkeit der Zahnheilkunde ergibt sich aus § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz (ZHG). Danach besteht die Ausübung der Zahnheilkunde in der Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.

Bereits im Jahre 1998 hat das OLG Zweibrücken ausgeführt, dass sich die medizinischen Maßnahmen eines Zahnarztes auf diese Körperregionen und die dort auftretenden Krankheiten beziehen müsse/dürfe. Hierbei sei ein (begleitender) Übergriff auf die Gesichtsoberfläche nicht zu beanstanden (OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.08.1998, MedR 1999, 219).

Seit dem wurde gestritten, wie weit dieser „begleitende Übergriff auf die Gesichtsoberfläche“ reicht.

Die Entscheidung des VG Münster vom 19.04.2011

In einer Pressemitteilung wird der entscheidende Richter mit den Worten zitiert: „Man kann sich trefflich darüber streiten, ob Lippen aufgespritzt werden können. Aber alles, was noch weiter vom Mund entfernt ist, falle eindeutig in die Zuständigkeit von Heilpraktikern oder Allgemeinärzten. Nur sie seien zu Schönheits-OPs mit Anti-Falten-Spritzen berechtigt, da gebe es einen klaren Wortlaut des Gesetzes.“

Mit diesem Ergebnis wäre es Zahnärzten insgesamt verboten, Botox zu injizieren.

Letzte Hoffnung: Das Urteil ist nach wie vor nicht rechtskräftig. Die Berufung beim  Oberverwaltungsgericht ist anhängig und man wird sehen, wie es weitergeht.

Praxistipp:

Zahnärzte, die Botox-Behandlungen anbieten, sollten ab jetzt sehr vorsichtig sein und die Behandlung unterlassen, solange keine abschließende Klärung durch eine rechtskräftige Entscheidung in dieser Sache vorliegt. Eine Idee wäre aber, eine Heilpraktikererlaubnis zu erlangen. Damit stellen sich eine Reihe der Probleme nicht.