Vor kurzem hat jeder Arzt die Mitteilung über das Regelleistungsvolumen (RLV) seiner Praxis für das zweite Quartal 2009 erhalten. Ob dieses neue Vergütungssystem gerecht und angemessen ist, wird im Moment insbesondere auf politischer Ebene heftig diskutiert. Aber gerade beim täglichen Umgang mit diesem neuen Konstrukt ist Sorgfalt und Umsicht geboten.
Speziell in Sachsen sind die Mitteilungen zu den RLV erst Ende März 2009 erfolgt. Kurz zuvor erhielten die betreffenden Ärzte Post von Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Darin wurde mitgeteilt, dass die RLV zwar nicht, wie vom Gesetz vorgeschrieben 4 Wochen vor Beginn des Quartals übersandt werden können, dies aber ohne rechtliche Folgen sei. Zudem wurde in Aussicht gestellt, dass entsprechende Widersprüche abschlägig verbeschieden werden, da eben keine Rechtsverletzung vorliege.
Hintergründe:
Gemäß § 87b Abs. 5 SGB V ist die KV verpflichtet, die Zuweisung der RLV spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens mitzuteilen.
Die KV Sachsen vertritt ebenso wie die Rechtsabteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Rechtsauffassung, dass es sich bei dieser Frist um eine reine Ordnungsbestimmung handelt, die keine Rechtsfolgen auslöst.
Dieser Auffassung ist aus folgenden Gründen unzutreffend.
In § 87b Abs. 5 SGB V steht explizit, dass bei einer nicht rechtzeitigen Mitteilung der RLV vor Beginn des Geltungszeitraums das bisherige dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene Regelleistungsvolumen vorläufig fortgilt. Zu den Rechtsfolgen bestimmt das Gesetz, dass Zahlungsansprüche, die aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren Regelleistungsvolumen resultieren, rückwirkend zu erfüllen sind. Daraus lässt sich im Umkehrschluss aber auch entnehmen, dass bei einer verspäteten Mitteilung Zahlungsansprüche aus dem weiterhin geltenden höheren RLV zu erfüllen sind.
Ein weiteres Argument ergibt sich aus der Zusammenschau aller rechtlichen Regelungen zur vertragsärztlichen Versorgung. Im System der vertragsärztlichen Versorgung treffen die Beteiligten umfangreiche Rechte und Pflichten. Gerade die Pflichten der Vertragsärzte werden peinlich genau überwacht und von den Vertragsärzten auch eingehalten, um Rechtsnachteile durch Verspätungen etc. zu vermeiden. Die gleichen Maßstäbe gelten auch für die übrigen Beteiligten in diesem System und damit insbesondere auch für die KVen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich nicht nur um bloße Ordnungsvorschriften, sondern eben gerade um Fristen, bei deren Versäumung Rechtsfolgen entstehen, die das SGB V selbst benennt.
Was tun?
Lassen Sie Ihre RLV-Mitteilung rechtlich überprüfen. Beachten Sie die 4-Wochenfrist ab Zustellung dieses Bescheides. Innerhalb dieser Frist kann und sollte individuell geprüft werden, ob die Einlegung eines Widerspruchs geboten ist.
Nun hat das SG Marburg unsere Rechtauffassung bestätigt. Aktuelle Infos zum Thema finden Sie hier: http://blog.lex-medicorum.de/2011/02/21/rlv-des-vorquartals/